Doris Lott: Schreiben als Weg aus der Isolation

Ulrich Zimmermann ist die „Vaterfigur“ unter den Karlsruher Autoren

Sein Name fällt immer, wenn die Gruppe Karlsruher Autoren über sich selbst berichtet. Ulrich Zimmermann hat vor wenigen Wochen sein neuestes Werk vorgelegt. Es sind Geschichten, Satiren, kurze Prosatexte mit dem Titel „von einem, der auszog, das bleiben zu lernen“. Zur Rolle, die er in der Gruppe junger Karlsruher Autoren spielt, meint er: „Ich fühle mich da in eine Vaterrolle hineingedrängt, ungerechtfertigt übrigens.“

Zimmermann gehört zu den wenigen Menschen, die fähig sind, die Anliegen anderer vor ihre eigenen zu setzen. Ruhig wirkt er und gleichzeitig distanziert, aber trotzdem nicht kühl und abweisend. Ein Mann, der es versteht, zuzuhören und gelassen zu reagieren. So ist es sicherlich kein Zufall, daß ihn der Landesverband deutscher Schriftsteller in den Vorstand gewählt hat. Dort will er sich vor allem für die Verbesserung der sozialen Situation der Autoren einsetzen.

Auch die Karlsruher Gruppe ist für Zimmermann mehr als nur ein Zweckverband und ein Forum für Literatur.„Für mich“, sagt er, „war das eine Möglichkeit, aus meiner isolierten Situation herauszukommen.“ Hier werden Erfahrungen ausgetauscht und Informationen weitergegeben. Da erfährt man beispielsweise, daß in Ettlingen junge Autoren die Möglichkeit haben, aus ihren Werken vorzulesen. Man informiert die Gruppe und fordert sie auf, die Gelegenheit, mit dem Publikum in Kontakt zu kommen, auch zu nutzen. „Solche Leseerfahrungen sind sehr wichtig, weil man hier seine Texte ausprobieren kann und die Reaktion des Publikums unmittelbar erlebt.“

Wenn einer plötzlich Erfolg hat, so muß das nicht zu Spannungen führen. Die Gruppe will dazu beitragen, daß nach und nach jungen Autoren, die noch nichts oder nur wenig veröffentlicht haben, die Gelegenheit zu einer Publikation gegeben wird. Vor allem, wenn einer „überfällig“ ist. „Einer, der jahrelang schreibt, braucht irgendwann eine Arbeitshilfe, um ihn zur Weiterarbeit zu ermutigen“, meint Zimmermann. Ein kleiner Überschuß, der beim Literaturfest erwirtschaftet wurde, soll der finanzielle Grundstein einer eigenen Publikationsreihe werden. Erster Schritt ist ein Gedichtband des Karlsruher Autors Hans Landthaler.

Zimmermann hat die Probleme eines Autors, der zum erstenmal ein Buch veröffentlichen will, schon lange hinter sich. Er schreibt schon seit 20 Jahren und ist kein Unbekannter mehr. Am erfolgreichsten war sein zusammen mit Christine Eigel im Suhrkamp-Verlag veröffentlichtes Buch: „Plötzlich brach der Schulrat in Tränen aus“. Es sind kritische Beiträge von Lehrern und Schülern zum Thema Schule. Ein Gebiet, auf dem der Autor Erfahrung hat. „Er lebt als Lehrer mit halbem Deputat und Autor mit ganzen Engagement“, heißt es in der Kurzbiographie.

Wer Satiren liebt, wird vielleicht Zimmermanns „sanft–ironische“ Art zu belehren gern mögen. Es ist Zeitkritik ohne Spruchbänder und Parolen. Er weiß selbst, daß diese immer in Gefahr ist, mißverstanden zu werden. Vielleicht hat er sich deshalb auch mit der Musik eingelassen. Von Anfang an war er bei der „Kooperative Wort & Jazz“ dabei, für die er Texte schreibt.

Wie schafft er es, dies alles unter einen Hut zu bringen? „Natürlich gehört dazu Arbeitsdisziplin“, so meint er. Aber auch bei Ulrich Zimmermann gibt es nicht immer nur produktive Phasen. Er hat gelernt, zu warten. In einer Stadt wie Karlsruhe, in der man sich wohl fühlt und einige Menschen kennt, von denen man das Gefühl hat, daß sie einen mögen, fällt das leichter.